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Pränatale Diagnostik

Die pränatale (vorgeburtliche) Diagnostik dient dazu, erbliche Krankheiten oder Fehlbildungen beim Ungeborenen zu erkennen. Die Untersuchungen werden während der Schwangerschaft vorgenommen. Die pränatale Diagnostik ist vornehmlich für Frauen gedacht, die ein erhöhtes Risiko haben, Kinder mit genetisch bedingten Krankheiten zu bekommen.

Ein erhöhtes Risiko, welches zu einer Fehlbildung beim Kind führen kann, liegt bereits in folgenden Fällen vor:

Bei der ersten Vorsorgeuntersuchung stellt der behandelnde Arzt fest, ob die werdende Mutter zu den Risikogruppen gehört. Gegebenenfalls wird die Patientin an eine humangenetische Beratungseinrichtung überwiesen.

Über die Chancen und Grenzen der pränatalen Diagnostik kann man sich auch bei seinem Gynäkologen, seiner Hebamme, einem Frauengesundheitszentrum oder beim zuständigen Gesundheitsamt beraten lassen. Im Beratungsgespräch müssen die Frau und ihr Partner über die Aussagekraft des Triple-Tests aufgeklärt werden. Die eventuell weiteren empfohlenen Untersuchungen wie die Chorionzottenbiopsie und die Fruchtwasseruntersuchung müssen der Schwangeren mit allen Risiken genau erläutert werden. Die behandelnden Ärzte haben eine Aufklärungspflicht vor der pränatalen Diagnostik. Im Beratungsgespräch muss auch besprochen werden, ob bei auffälligem Untersuchungsergebnis für die werdenden Eltern ein Schwangerschaftsabbruch in Frage kommt.

Methoden der pränatalen Diagnostik

Triple-Test (Mom-Test)
Der Triple-Test wird eingesetzt, um beim Ungeborenen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Down-Syndroms (Mongolismus, 3-fach vorhandenes Chromosom 21) oder eines sogenannten Neuralrohrdefektes (beispielsweise offener Rücken) zu berechnen. Der Test wird etwa zwischen der 15. und 20. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Dazu wird aus dem Blut der Frau die Konzentration von drei Komponenten bestimmt. Es sind das vom Kind gebildete Eiweiß Alphafetoprotein (AFP), eine bestimmten Form des Geschlechtshormons Östriol (uE3) und das Schwangerschaftshormon humanes Chroriongonadotropin (HCG). Das Blutuntersuchungsergebnis liegt nach einer Woche vor.

Obwohl der Triple-Test äußerst ungenau ist, dient er vielen Ärzten als Grundlage, um der Schwangeren eine Fruchtwasseruntersuchung zu empfehlen.

Die Chorionzottenbiopsie
Mit dieser Methode lassen sich unter anderem Chromosomenschäden, bestimmte Stoffwechselstörungen, Muskelerkrankungen (Muskeldystrophie, Mucoviscidose) und das Geschlecht des Kindes bestimmen. Eine Aussage über Neuralrohrdefekte (z. B. "offener Rücken") kann nicht getroffen werden. Diese Untersuchung wird circa zwischen der 10. bis 12. Schwangerschaftswoche in spezialisierten Zentren durchgeführt.

Chorionzotten sind Bestandteile der Plazenta (Mutterkuchens). Das Gewebe enthält die gleichen Erbinformationen wie die Körperzellen des Embryos.

Das Gewebe aus den Chorionzotten wird mit Hilfe einer Kanüle gewonnen, welche unter Ultraschallsicht durch die Bauchdecke und die Gebärmutterwand oder durch die Vagina (Scheide) zum Mutterkuchen geführt wird. Der Eingriff kann ambulant erfolgen. Bereits innerhalb von 1 bis 8 Tagen ist das Ergebnis verfügbar. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die Ergebnisse relativ früh in der Schwangerschaft vorliegen. Stellt sich nach dieser Untersuchung die Frage, ob ein Schwangerschaftsabbruch erfolgen soll, kann er früher als bei der Fruchtwasserpunktion erfolgen.

Das Fehlgeburtrisiko nach dieser Untersuchung liegt bei ungefähr 0,5 bis 2%. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ergebnisse zweifelhaft sind und eine Nachuntersuchung erfolgen muss, liegt bei circa 2%. Das Risiko einer Fehldiagnose beträgt unter 0,2%.

Fruchtwasserpunktion (Amniozentese)
Die Fruchtwasserpunktion wird hauptsächliche eingesetzt nach auffälligen Befunden im Triple-Test oder beim Ultraschall. Mit der Amniozentese können Chromosomenstörungen (beispielsweise Down-Syndrom), Neuralrohrdefekte ("offener Rücken") und erblich bedingte Muskel- und Stoffwechselerkrankungen diagnostiziert werden. Das Geschlecht kann bestimmt werden. Die Fruchtwasseruntersuchung wird in der Regel erst ab der 16. Schwangerschaftswoche durchgeführt.

Unter Ultraschallkontrolle wird mit einer Hohlnadel durch die Bauchdecke der Schwangeren einige Milliliter Fruchtwasser entnommen. Die Einstichstelle kann örtlich betäubt werden. In dieser Flüssigkeit befinden sich auch abgelöste Zellen des Fötus. Von ihnen wird eine Zellkultur angelegt. Die Ergebnisse der Fruchtwasseruntersuchung sind erst 2-4 Wochen später verfügbar. Sie sind jedoch sehr genau und Fehldiagnosen selten. Die lange Wartezeit bis zum Eintreffen des Ergebnisses wird von vielen Schwangeren als sehr belastend empfunden.

Nach dem Eingriff können Krämpfe, Wehen, Fruchtwasserverlust oder leichte Blutungen vorkommen. Das Fehlgeburtsrisiko nach der Amniozentese beträgt 0,5 bis 1%. Ein Schwangerschaftsabbruch nach dieser Untersuchung ist eine mit Wehenmitteln künstlich eingeleitete Geburt. Die Schwangere hat in dieser Phase der Schwangerschaft meist schon ein intensives Verhältnis zum Ungeborenen aufgebaut und die Kindsbewegungen gespürt. Dieser späte Schwangerschaftsabbruch kann bei Frauen schwere Depressionen auflösen.

Ultraschall (Sonographie)
Mit dieser Methode wird standardmäßig die Schwangerschaft überwacht (siehe auch den Abschnitt Ultraschalldiagnostik im Kapitel Mutterpass). Der Ultraschall kann darüber hinaus Hinweise auf Organerkrankungen und Fehlbildungen des Kindes geben (beispielsweise "offener Rücken", Nierenzysten, Herzfehler). Führen Chromosomenstörungen schon beim Ungeborenen zu körperlich sichtbaren Veränderungen, so sind auch diese im Ultraschall zu erkennen (beispielweise auffällige Nackenfalte bei Down-Syndrom).

Ultraschallwellen sind Schallwellen, die für das menschliche Ohr nicht hörbar sind. Sie werden bei der Untersuchung vom Körper der Mutter und des Kindes zurückgeworfen und können über einen Monitor sichtbar gemacht werden. Der große Vorteil dieser Untersuchungsmethode liegt in der Risikolosigkeit für Mutter und Kind, der Schmerzfreiheit bei der Untersuchung und in der sofortigen Verfügbarkeit der Ergebnisse.

Wohl keine andere Untersuchungsmethode hat in den letzten Jahren solch rasante Fortschritte gemacht. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Ultraschalluntersuchung durchzuführen. In den ersten Schwangerschaftswochen erfolgt die Untersuchung meist durch einen stabförmigen Schallkopf durch die Scheide (Vaginalsonographie), danach über die Bauchdecke.

Die Ultraschalluntersuchung wird heutzutage in fast jeder gynäkologischen Praxis durchgeführt. Die Aussagekraft des Ultraschalls hängt aber wesentlich von der Erfahrung des behandelnden Arztes und der Qualität des Ultraschallgerätes ab. Der niedergelassene Gynäkologe kann die Schwangere an spezialisierte Zentren überweisen, in denen ein sogenannter "Risiko-Ultraschall" durchgeführt werden kann. Die Überweisung erfolgt beispielsweise, wenn die werdende Mutter einer Risikogruppe angehört und nach eingehender Beratung eine Amniozentese oder Fruchtwasseruntersuchung ablehnt.

Dopplersonographie
Mit dieser Untersuchungsmethode kann die Durchblutung der Nabelschnur- und Gebärmutterarterie, der kindlichen Aorta und einer Arterie des kindlichen Gehirns gemessen werden. Auf dem Ultraschallbild wird dies farbig dargestellt. Mit der Dopplersonographie können genauere Informationen über die Entwicklung des Kindes gewonnen werden, als beispielsweise durch bloßes Vermessen der Größe des Kindes. Diese spezielle Sonographie wird in der zweiten Schwangerschaftshälfte bei bestimmten Risiken angewendet. Dazu zählen:

Nabelschnurpunktion
Die Ergebnisse eine Nabelschnurpunktion geben Auskunft über Infektionen des Kindes, Rhesus-Unverträglichkeiten, Neuralrohrdefekte und Veränderungen der Erbanlagen.

Ab der 16. Schwangerschaftswoche wird durch die Bauchdecke der Frau kindliches Blut aus der Nabelschnur entnommen. Das Ergebnis liegt nach zwei bis vier Tagen vor. Das Fehlgeburtsrisiko beträgt 1 bis 3%.