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Rhesusinkompatibilität

Neben den vier Hauptblutgruppen A, B, AB und 0 existiert noch der Rhesusfaktor. Ungefähr 85% der Bevölkerung Mitteleuropas besitzen dieses Merkmal. Diese Menschen werden als Rhesus-positiv (Rh +) bezeichnet. 15% weisen den Rhesusfaktor nicht auf. Sie werden Rhesus-negativ (RH -) genannt.

Das Immunsystem Rh-negativer Menschen bildet Antikörper, wenn es mit Rh-positivem Blut in Berührung kommt. Die Antikörperbildung erfolgt nach einer Bluttransfusion mit nicht kompatiblen Blut oder während einer Schwangerschaft. Wenn die Mutter Rhesus-positiv ist, besteht keine Gefahr für das Ungeborene. Eine Antikörperbildung unterbleibt. Ist die Schwangere jedoch Rhesus-negativ und erwartet ein Kind eines Rhesus-positiven Mannes, kann dies zu Komplikationen führen.

Wenn das Kind vom Vater das Rhesus-positive Merkmal geerbt hat, dann bildet die Frau Antikörper gegen die Blutzellen des Kindes, die dieses Merkmal tragen. Die Antikörper lösen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) des Kindes auf (Hämolyse). Die Anzahl an Erythrozyten verringert sich. Dies kann einen Sauerstoffmangel beim Ungeborenen auslösen. Das daraus resultierende Krankheitsbild mit den Symptomen Anämie, Gelbsucht, Ödemneigung, Leber- und Milzschwellung und bei schweren Verläufen Gehirnschäden wird als Morbus haemolyticus bezeichnet. Ohne medizinische Behandlung (Fototherapie, Blutaustausch) würden etwa 10% der Kinder sterben.

Die erste Schwangerschaft verläuft meist ohne Zwischenfälle und das Kind wird gesund geboren. Erst ab der zweiten Schwangerschaft treten Probleme auf, da die Mutter dann bereits Antikörper gebildet hat. Die Antikörperbildung kann bereits durch eine vorausgegangene Fehlgeburt, eine Eileiterschwangerschaft, eine Chorionbiopsie oder eine Fruchtwasserpunktion ausgelöst werden. Bei der ersten Schwangerschaft unterbleibt zunächst die Antikörperbildung, da der Austausch von roten Blutkörperchen über die Plazenta zu gering ist, um die Bildung von Antikörpern bei der Mutter auszulösen. Bei der Geburt des Kindes kann jedoch eine genügend große Menge an kindlichen Blut aus der Plazenta in den mütterlichen Blutkreislauf fließen und die Antikörperbildung verursachen.

Eine wirksame Prophylaxe ist heute möglich. Bei der ersten Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung wird die Blutgruppe und der Rhesusfaktor bestimmt. Außerdem wird untersucht, ob sich im Blut der Mutter Antikörper gegen Blutgruppen-Antigene gebildet haben. Ein negativer Antikörpersuchtest ist der Normalfall. Diese Untersuchung wird im Mutterpass niedergeschrieben. Bei rhesus-negativen Frauen wird mehrmals auf Anti-D-Antikörper während der Schwangerschaft getestet. Um die Bildung von Antikörpern zu verhindern, wird den Frauen bereits gegen Ende der Schwangerschaft (28. bis 32. Woche) eine Injektion mit Rhesusantiserum (Anti-D-Immunglobulin) verabreicht. Nach der Geburt eines rhesus-positiven Kindes erhalten die Frauen eine weitere Spritze, um die eingeschwemmten kindlichen Erythrozyten zu zerstören. Die Antikörperbildung bei der Mutter unterbleibt dann. Komplikationen bei einer weiteren Schwangerschaft sind dann nicht zu erwarten.