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Ernährung in der Schwangerschaft

Die Meinung eine Schwangere "müsse für zwei essen", das heißt die doppelte Menge an Nahrung zu sich nehmen, ist ein Irrglaube. Tatsächlich beträgt der energetische Mehrbedarf einer Schwangeren lediglich 255 kcal pro Tag. Es wird bei einer normalgewichtigen jungen Frau, die keiner extremen körperlichen Tätigkeit nachgeht, von einem täglichen Energiebedarf von etwa 2300 bis 2400 kcal pro Tag ausgegangen. Die 255 kcal mehr sind nur eine Erhöhung des täglichen Energiebedarfs um knapp 11%.

Dem gegenüber steht jedoch ein bis zu 100% gesteigerter Mehrbedarf an einzelnen Nährstoffen, wie Vitaminen und Mineralien. Nicht die Menge der Nahrung ist also entscheidend, sondern die richtige Nahrungsmittelauswahl. Mit einer abwechslungsreichen, vollwertigen und gemischten Kost ist die richtige Ernährung oft schon sichergestellt. Bei einzelnen Nährstoffen, wie der Folsäure, dem Eisen oder bei Jod, kann eine Versorgungslücke entstehen. Vom behandelnden Arzt zusätzlich empfohlene oder verordnete Medikamente sollten dann eingenommen werden.

Ernährung in der Schwangerschaft
© Hannes Eichinger

Der Bedarf an den einzelnen Nahrungsbestandteilen wird folgendermaßen aufgeschlüsselt:

Eiweißbedarf
Die Eiweiße oder Proteine sind die wichtigsten Bausteine für die menschlichen Zellen und Bestandteil von Enzymen und Hormonen. Eiweiß wird daher in erhöhtem Maße für den wachsenden Organismus des Kindes benötigt. Der tägliche Eiweißbedarf erhöht sich ab dem 4. Monat um circa 20% von circa 50 Gramm auf 60 Gramm. Auf dem Speiseplan der werdenden Mutter sollten sich Eiweißlieferanten pflanzlicher und tierischer Herkunft finden. Hochwertiges pflanzliches Eiweiß findet sich vor allem in Getreideprodukten, ungeschältem Reis, Hülsenfrüchten, Gemüse, Kartoffeln und Nüssen. Tierisches Eiweiß liefern Milch und Milchprodukte, mageres Fleisch und magerer Fisch, sowie Eier.

Fettbedarf
Fette sind in erster Linie Energielieferanten. Um unnötige Fettpolster zu vermeiden, sollten Sie Ihren Fettbedarf auf 70-90 Gramm Fett pro Tag beschränken. Achten Sie besonders auf die vielen versteckten Fette in Wurst, Pommes frites, fettem Käse, Sahne, Mayonnaise, Kuchen, Schokolade, Chips und sogar Avocados.

Auf die richtige Auswahl der Fette kommt es auch an. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Zusammensetzung ihrer Fettsäuren. Einige ungesättigte Fettsäuren sind für uns essentiell (lebensnotwendig) und müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Auch sind lebenswichtige fettlösliche Vitamine wie A, D, E und K in fetthaltigen Nahrungsmitteln. Zum Kochen sollten abwechselnd Öle wie Oliven-, Sonnenblumen-, Raps-, Keim-, Weizenkeim- oder Distelöl verwendet werden. Weniger gut eignen sich harte Pflanzenfette, wie Kokos- und Palmkernfett. Seefisch (Lachs, Makrele und Hering) liefern sogenannte Omega-3-Fettsäuren, die besonders für die Entwicklung des kindlichen Nervensystems, der Netzhaut und des Gehirns benötigt werden.

Hier noch einige Ratschläge, wie Sie sparsam mit Fett umgehen:

Kohlenhydrat-Bedarf
Kohlenhydrate sind leicht verdaulich und können am schnellsten in Energie für Muskelarbeit liefern. Mehr als die Hälfte (circa 350 Gramm) unseres Energiebedarfs sollten wir mit hochmolekularen Kohlenhydraten decken. Was der Körper nicht an Kohlenhydraten verbraucht, wandelt er in Fett um. Eine zu große Aufnahme von Kohlenhydraten ist ungesund und macht dick. Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst sind wertvolle kohlenhydrathaltige Lebensmittel. Sie enthalten außerdem noch Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe. Die Ballaststoffe wirken, mit genügend Flüssigkeit aufgenommen, einer Verstopfung entgegen. Meiden Sie auf jeden Fall sogenannte "leere" Kohlenhydratträger wie Zucker, Weißmehl, Kuchen und Süßwaren. Sie führen nur übermäßig viele Kalorien zu, aber keine wichtigen Begleitstoffe.

Vitamin-, Mineralstoff- und Spurenelementbedarf
Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind für die Gesunderhaltung lebensnotwendig und müssen während der Schwangerschaft und der Stillzeit in erhöhtem Maße über die Nahrung zugeführt werden. Dabei ist es wichtig, auf eine vielseitige Gemischtkost zu achten. Denn kein einziges Nahrungsmittel enthält gleichzeitig alle benötigten Bausteine und dies auch noch in der richtigen Zusammensetzung. Regelmäßig sollten auf dem Speisezettel der Schwangeren die folgenden Lebensmittel stehen: Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst, Salat, Milcherzeugnisse, mageres Geflügel und Fleisch, Fisch, Soja und Hefe.

Ein gesteigerter Bedarf besteht vor allem an den Vitaminen A, C, B1, B6 und der Folsäure. Der Mineralstoff- und Spurenelementbedarf an Eisen, Calcium, Jod, Magnesium und Zink sind erhöht.

1. Vitamin A
Vitamin A und seine Vorstufe Beta-Carotin ist vor allem enthalten in der Leber, Eigelb, Hering, Milch, Karotten, Aprikosen, roten und gelben Paprika sowie Melonen. Der Verzehr von Leber sollte aber in der Schwangerschaft unterbleiben. Durch die Tierfütterung wurden zu hohe Vitamin A-Konzentrationen in der Leber festgestellt. Eine Überdosierung von Vitamin A kann vor allem in der Frühschwangerschaft zu Fehlbildungen beim Kind führen. Der erhöhte Bedarf besteht erst ab dem 4. Monat (Steigerung von 0,8 Milligramm Vitamin A oder Retinol-Äquivalenten auf 1,1 Milligramm pro Tag).

2. Vitamin C
Der erhöhte tägliche Bedarf an Vitamin C kann durch die Vitamin-C-Reiche Nahrungsmittel wie Paprika, Brokkoli, schwarze Johannisbeeren, Zitrusfrüchte, Kiwi und Kartoffeln gedeckt werden. Der Bedarf steigt während der Schwangerschaft im Vergleich zu sonst von 100 auf 110 Milligramm pro Tag an.

3. B-Vitamine (B1 und B6)
Die durchschnittliche Tagesmenge am Vitamin B1 (Thiamin) beträgt bei Frauen 1 Milligramm, bei Schwangeren 1,2 Milligramm. Vitamin-B1-reich sind Schweinefleisch, Getreideflocken, Vollkornbrot, Hefe und Nüsse. Gute Lieferanten für das Vitamin B6 sind Fleisch, Hefe, Milch, Käse, Vollkornprodukte und Bananen. In der Schwangerschaft besteht ein Bedarf von 1,9 Milligramm täglich an diesem Vitamin, ansonsten von 1,2 Milligramm.

4. Folsäure
Die ausreichende Versorgung mit Folsäure vor der Schwangerschaft und in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft wird ausführlich im Abschnitt "Folsäure" im Kapitel "Vorbereitung auf die Schwangerschaft" besprochen. Folsäure ist das einzige Vitamin, bei dem eine Einnahme in Tablettenform bei geplanter Schwangerschaft und in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten empfohlen wird, da der stark erhöhte Bedarf nicht durch gezielte Nahrungsaufnahme gedeckt werden kann. Die gezielte Einnahme von Folsäurepräparaten trägt entscheidend zur Vorbeugung sogenannter Neuralrohrdefekte bei.

5. Eisen
Eisen ist wichtig für das Hämoglobin der roten Blutkörperchen und damit für den Sauerstofftransport. Der Bedarf an Eisen verdoppelt sich bei einer Schwangerschaft (15 Milligramm bei einer nicht schwangeren Frau auf 30 Milligramm während der Schwangerschaft). Eine nicht ausreichende Versorgung an diesem Mineralstoff führt zur sogenannten Schwangerschaftsanämie. Die Eisenwerte werden während der Vorsorgeuntersuchungen laufend kontrolliert und im Mutterpass vermerkt. Lässt sich der gesteigerte Eisenbedarf durch gezielten Verzehr von Nahrungsmitteln, wie Fleisch, Fisch und Geflügel, sowie Vollkorngetreide, Vollkornreis, Mais und Hülsenfrüchte nicht decken, werden Eisenpräparate verordnet.

6. Calcium
Calcium benötigt der kindliche Organismus vor allem für den Aufbau seiner Knochen und der Zähne. Ein täglicher Bedarf von 1000 Milligramm pro Tag besteht für die werdende Mutter, bei Schwangeren, die jünger als 19 Jahre sind, sogar 1200 Milligramm. Der Verzehr von wenigstens einem halben Liter Milch und Milchprodukten (Joghurt, Magerquark, Sauermilch) gewährleistet die Versorgung mit Calcium und Vitamin B2. Vertragen Sie keine Milch oder besteht eine Abneigung gegen dieses Lebensmittel kann das fehlende Calcium durch Medikamente substituiert werden.

7. Jod
Jod braucht der Körper vor allem zur Bildung der Schilddrüsenhormone, die im Körper lebenswichtige Funktionen haben. Die Schilddrüse des Embryos beginnt ab dem 3. Schwangerschaftsmonat zu arbeiten. Der Jodbedarf der werdenden Mutter ist dadurch erhöht. Der Jodbedarf steigt von 200µg auf 220µg in der Schwangerschaft an. Jodmangel kann beim Neugeborenen zu einem Kropf führen oder sogar Kretinismus (Schwachsinn) nach sich ziehen. Um den Jodbedarf zu decken, ist die Verwendung von jodiertem Speisesalz und häufiger Verzehr von Seefisch anzuraten. Zur Sicherstellung des erhöhten Bedarfs an Jod in der Schwangerschaft empfehlen die behandelnden Ärzte oft die Einnahme von Jodtabletten.

8. Magnesium
Der Mineralstoff Magnesium ist unter anderem an der körpereigenen Eiweißsynthese und der Zellteilung beteiligt. Magnesium hat auch Einfluss auf die Steuerung der Muskelaktivität. Als durchschnittliche Tagesdosis werden 350 Milligramm empfohlen. Magnesiumreiche Lebensmittel sind Vollkornprodukte, Milch- und Milchprodukte, Geflügel, Fisch Kartoffeln, Beerenobst, Orangen und Bananen.

In der Schwangerschaft kommt es leicht zu einem Mangel an diesem Mineralstoff. Viele Schwangere nehmen die empfohlene Tagesdosis gar nicht zu sich. Hinzu kommt der erhöhte Magnesiumbedarf des Kindes und die erhöhte Magnesiumausscheidung (um bis zu 25%) der Mutter in der Schwangerschaft. Eine Unterversorgung mit Magnesium kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Häufig ist eine "muskuläre Übererregbarkeit" zu beobachten. Erste Anzeichen dafür sind beispielsweise Wadenkrämpfe. Diese muskulären Störungen können auch die Gebärmuttermuskulatur erfassen. Eine vorzeitige Wehentätigkeit und damit das Risiko einer Fehl- und Frühgeburt können die Folge sein. Auch die manchmal beobachteten Schwangerschaftsbeschwerden wie Herzrhythmusstörungen ("Herzstolpern") und Schwangerschaftserbrechen lassen sich teilweise mit einer Unterversorgung mit Magnesium erklären.

Auch wenn noch keine typischen Magnesiummangelerscheinungen auftreten, wird eine zusätzliche Einnahme von Magnesium spätestens ab der 16. Schwangerschaftswoche empfohlen. Besonders ist es Frauen mit Diabetes oder Schwangeren, die bereits eine Fehl- oder Frühgeburt hatten, anzuraten.

9. Zink
Der Bedarf an dem essentiellen Spurenelement Zink ist in der Schwangerschaft erhöht (Steigerung von 7 Milligramm auf 10 Milligramm pro Tag). Zink ist beispielsweise ein Bestandteil des Hormons Insulin. Bereits am Ende des 1. Trimesters beginnt die kindliche Bauchspeicheldrüse mit der Produktion von Insulin. Zink ist enthalten in Fleisch, Fisch und Milch.

Weitere wichtige Aspekte

Ausreichend Trinken
Schwangere sollten täglich mindestens 1,5 bis 2 Liter trinken. Vorrangig sollten Mineralwasser, Kräuter- und Früchtetees sowie Frucht- und Gemüsesäften konsumiert werden, Limonaden und Cola nur ausnahmsweise. Kaffee und schwarzer Tee sollten nur in Maßen getrunken werden (maximal 1 - 2 Tassen täglich). Absolut verboten ist Alkohol. Schon geringer Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann zu Hirnleistungsstörungen und geistigen Entwicklungsverzögerungen des Kindes führen.

Mehrere kleine Mahlzeiten
Die Verteilung der täglichen Essensmenge auf mehrere kleine Mahlzeiten bewahrt die Schwangere vor Heißhungerattacken. Außerdem ist eine gleichmäßige Nährstoffversorgung für Mutter und Kind durch viele kleine Portionen gewährleistet. Vor allem in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft kann so auch Sodbrennen vorgebeugt werden.

Meidung bestimmter Lebensmittel und Genussstoffe
Rauchen schadet dem Ungeborenen nachweislich. Jede gerauchte Zigarette raucht es mit. Nikotin verengt die Blutgefäße und behindert so den Sauerstofftransport. Babys von starken Raucherinnen haben ein geringeres Geburtsgewicht und eine höhere Sterblichkeitsrate als die von Nichtraucherinnen. Der Zigarettenentzug sollte spätestens vier Wochen vor der Geburt abgeschlossen sein. Schafft die werdende Mutter dies nicht, so macht das Neugeborene ihn nach der Entbindung durch und wird wahrscheinlich gereizt und unruhig sein.

Zur Vermeidung der Toxoplasmose und der Listeriose sollten sie auf rohes Fleisch, auf Rohmilch, rohe Eier und Räucherlachs verzichten.