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Untersuchungen am Neugeborenen

Nabelschnurblut

Nach der Geburt wird die Nabelschnur durchtrennt. Heutzutage wird abgewartet, bis die Nabelschnur aufgehört hat zu pulsieren. Die Hebamme bringt dazu zwei Klemmen etwa 13 und 15 Zentimeter vom Nabel des Kindes entfernt an. Dazwischen erfolgt der Schnitt, den in vielen Kliniken auch der Vater ausführen darf. Bei jedem Neugeborenen werden ein paar Tropfen Blut aus der Nabelschnur entnommen und ihr pH-Wert bestimmt. Liegt der Wert im sauren Bereich, so ist dies ein Hinweis darauf, dass das Baby in der Endphase der Geburt unter Stress gestanden hat. Der Wert wird im Mutterpass im Abschnitt "Abschluss-Untersuchung/Epikrise" vermerkt. In einigen Kliniken wird mit dem Nabelschnurblut noch eine Blutgruppenbestimmung durchgeführt und der Rhesusfaktor ermittelt.

Es gibt auch Gründe, die Nabelschnur abzutrennen, wenn sie noch pulsiert. Hat die Mutter das Rhesus-negative Blutmerkmal, wird die Nabelschnur rasch durchtrennt. Der Kontakt von mütterlichen und kindlichen Blut wird möglichst gering gehalten, da eine Antikörperbildung bei der Mutter gegen das Blut eines eventuell Rhesus positiven Kindes vermieden werden soll. Lesen Sie dazu auch das Kapitel Rhesusinkompatibilität durch. Wollen die Eltern die im Nabelschnurblut enthaltenen Stammzellen tieffrieren lassen, so wird auch die noch pulsierende Nabelschnur abgeklemmt. Stammzellen sind eine biologische Besonderheit. Es handelt sich um Zellen, die noch nicht genau differenziert sind. Prinzipiell können sich aus ihnen noch alle Körperteile entwickeln. Einige Krankheiten lassen sich mit diesen Zellen schon heilen.

Apgar-Test

Ist das Neugeborene abgenabelt, entfernen die Geburtshelfer mit einem Absauggerät aus der Nase, der Mundhöhle und dem Rachenraum Schleim und Fruchtwasser. Beim Absaugen wird auch festgestellt, ob die Speisröhre durchgängig und zum Magen hin geschlossen ist. Durch rektales Fiebermessen wird ein Verschluss des Afters oder des Enddarms ausgeschlossen. Nach dieser kurzen Untersuchung wird fünf bis zehn Minuten nach der Geburt der sogenannte Apgar-Test durchgeführt. Er ist nach der Ärztin Virginia Apgar benannt, die ihn 1953 entwickelt hat. Der Gesundheitszustand des Neugeborenen wird anhand von fünf Merkmalen beurteilt. Die deutschen Anfangsbuchstaben der Untersuchungskriterien ergeben das Wort "APGAR":

Apgar-Test

Für die Merkmale werden jeweils 0 Punkte (Merkmale fehlen), 1 Punkt (Merkmale nicht ausgeprägt) oder 2 Punkte (Merkmale gut vorhanden) vergeben. Die einzelnen Ergebnisse werden in ein Untersuchungsprotokoll eingetragen. Beurteilt wird nach Erhebungszeiten von 1, 5 und 10 Minuten nach der Geburt. Optimal ist eine Punktzahl von 9 bis 10. 7 bis 8 Punkte sind noch normal. Liegen die Werte darunter, werden der Arzt und die Hebamme entsprechende Maßnahmen ergreifen. Die Apgar- Werte werden sowohl im Mutterpass, als auch im gelben Kinderuntersuchungsheft festgehalten.

Neugeborenen-Erstuntersuchung (U1)

Nach dem Apgar-Test wird das Neugeborene in ein vorgewärmtes Tuch gehüllt und den Eltern zu einem kurzen Kennenlernen gegeben. Danach wird es gebadet und seine Temperatur gemessen. Die Hebamme versorgt die Nabelwunde mit einem sterilen Verband. Auch heute noch ist es in vielen Kliniken üblich, in die Augen des Kindes eine Salbe zu geben. Sie soll vor einer Infektion schützen, die sich das Neugeborene während der Geburt zugezogen haben könnte (Blennorrhoe- oder Crédé'sche Augenprophylaxe).

Bei der Neugeborenen-Erstuntersuchung (U1) wird das Kind gewogen. Sein Geburtsgewicht ist ein wichtiges Kennzeichen für den Gesundheitszustand des Neugeborenen. Bei Kindern, die über 4000 Gramm oder unter 3000 Gramm wiegen, wird zusätzlich noch der Blutzuckerspiegel bestimmt. Die Körperlänge des Babys wird gemessen. Die durchschnittliche Körperlänge des reifen, ausgetragenen Babys beträgt 50 Zentimeter. Die Messung des Kopfumfangs ergibt eine Vergleichsgröße für spätere Wachstumsmessungen. War das Fruchtwasser nicht weißlich, käsig, sondern zum Beispiel grün gefärbt, wird das Blut des Neugeborenen auf eventuelle Entzündungsmerkmale hin untersucht. Im gelben Kinder-Untersuchungsheft werden alle Werte vermerkt.

Neugeborenen-Basisuntersuchung (U2)

Drei bis zehn Tage nach der Geburt findet die Neugeborenen-Basisuntersuchung oder U2 statt. Meistens wird sie in bei einer Klinikentbindung 72 Stunden nach der Geburt durchgeführt. Wenn die Mutter ambulant entbunden hat, ist es wichtig, entsprechend früh einen Termin bei einem Kinderarzt auszumachen. Das Kind wird eingehend körperlich untersucht. Das Gewicht, die Körperlänge und der Kopfumfang werden erneut ermittelt. Die Organe werden abgetastet, Wirbelsäule und Hüften kontrolliert, die Sinnesorgane, Motorik bzw. Reflexe und Nervensystem genau geprüft. Auch die Geschlechtsorgane und der Darmausgang werden untersucht. Der Arzt wird auch noch einmal die exakte Vorgeschichte des Neugeborenen zusammentragen und die Mutter eingehend nach Schwangerschaftsrisiken, Geburtsverlauf (Atemstillstand oder Krämpfe) sowie nach Schwierigkeiten des Säuglings beim Schlucken oder Trinken befragen. Unter dem Punkt "Sonstige Bemerkungen" im gelben Untersuchungsheft vermerkt er die Gabe von Vitamin K. Das Vitamin wird oral bald nach der Geburt verabreicht. Es fördert die Blutgerinnung und wirkt Gehirnblutungen entgegen. Der Kinderarzt informiert im Rahmen dieser Untersuchung auch über die Rachitis- und Kariesprophylaxe. Zur Rachitisprophylaxe werden Vitamin D Präparate verschrieben. Rachitis ist eine Vitaminmangelkrankheit. Fehlt Vitamin D oder bekommt ein Kind zu wenig Sonnenlicht ab, kann das Vitamin D in der Haut nicht in seine wirksame Form umgewandelt werden. Als Folge verzögert sich der Einbau von Mineralsalzen in die Knochen. Beginnt das Kind zu krabbeln oder sich aufzurichten, verbiegen sich durch die Belastung speziell die Beinknochen. Die Folge ist eine frühzeitige Abnützung der Gelenke. Zur Kariesvorbeugung werden eventuell Fluorpräparate verordnet.

Im Rahmen der U2 ist es üblich, eine Sonographie beider Hüften (Hüftultraschall) durchzuführen. Sie wird dann fünf Wochen später bei einem Orthopäden wiederholt. Mit dieser Ultraschalluntersuchung kann eine sogenannte Hüftdysplasie diagnostiziert werden. Sie tritt bei 1 - 3 Prozent der Neugeborenen auf. Besonders gefährdet sind Kinder, in deren Familie es bereits nahe Verwandte gibt, die diese Fehlstellung des Hüftgelenks haben. Häufiger betroffen sind auch Kinder mit Beckenendlage oder Zwillinge. Auch das Geschlecht spielt eine Rolle. Bei Mädchen kommt die Hüftdysplasie öfter vor als bei Jungen. Wird diese Fehlstellung des Hüftgelenks sehr früh diagnostiziert, so kann sie - rechtzeitig behandelt - völlig ausgeheilt werden. Der Spätfolge dieser Erkrankung, einer Arthrose, wird vorgebeugt.

Weiterer wichtiger Bestandteil der U2 ist das sogenannte Neugeborenen-Screening. Dabei werden anhand einer Blutuntersuchung bestimmte Stoffwechselerkrankungen festgestellt. Häufig synonym dazu verwendet wird der Begriff Guthrie-Test oder PKU-Test (leitet sich ab von Phenylketonurie). Dazu sind nur ein paar Tropfen Blut aus der Ferse des Babys nötig.

Das Neugeborenen-Screening beinhaltet die Untersuchung auf eine Reihe von Stoffwechselerkrankungen, wie beispielsweise Krankheiten des Aminosäurestoffwechsels (Phenylketonurie, Leucinose, Tyrosinämie) und Zuckerstoffwechselstörungen (Galaktosämie). Aber auch eine Unterfunktion der Schilddrüse oder eine Mukoviscidose können erkannt werden. Der PKU-Test (Guthrie-Test) im eigentlichen Sinne wurde entwickelt um die angeborene Stoffwechselstörung Phenylketonurie festzustellen. Bei dieser Krankheit befindet sich zu viel Phenylalanin im Blut, was unter anderem zu geistiger Behinderung führen kann, wenn keine Spezialdiät eingehalten wird. Da sich einige Stoffwechselerkrankungen erst feststellen lassen, wenn das Baby bereits Milch zu sich genommen hat, sollte der Test frühestens 48 Stunden nach der Geburt durchgeführt werden. Das Screening sollte auch erst später gemacht werden, wenn das Kind eine Neugeboreneninfektion hat und mit Antibiotika behandelt werden muss.

Erst seit einigen Jahren wird auch ein Hörtest für die Neugeborenen angeboten. Angeborene Hörstörungen sind nicht so selten. Zwei von 1000 Kindern werden mit einer beidseitigen dauerhaften Hörstörung geboren. Die emotionale und soziale Entwicklung eines Kindes sind davon nachhaltig betroffen. Der Hörtest kann bei den Neugeborenen einfach und ohne große Belastung durchgeführt wird. Wird die Hörstörung bereits sehr früh erkannt und behandelt, so findet die Sprachentwicklung weitestgehend normal statt.

Im Laufe der nächsten Lebensmonate bis zu seinem sechsten Lebensjahr sind noch sieben weitere Vorsorgeuntersuchungen vorgesehen (U3 bis U9). Für Zwölfjährige gibt es noch die J1, bei der neben der körperlichen Untersuchung die Jugendgesundheitsberatung im Vordergrund steht.