Beckenbodengymnastik
Aufbau und Funktion
Ein gesunder Beckenboden bietet allen inneren Organen "Halt". Die handtellerdicken Muskelschichten des Beckenbodens schließen den Bauchraum nach unten ab. Sie sind Bestandteil der Rumpfmuskulatur und bilden zusammen mit der Bauch- und Zwerchfellmuskulatur eine funktionelle Einheit.
Im Wesentlichen muss der Beckenboden folgende Aufgaben erfüllen:
- Er muss kräftig genug sein, um die inneren Organe zu stützen und die Schließmuskulatur von Harnröhre und After zu unterstützen.
- Der Beckenboden muss sich entspannen können. Dies ist wichtig beim Stuhlgang, beim Wasserlassen und bei der Frau beim Geschlechtsverkehr und während der Geburt.
- Er muss dem hohen Druck standhalten, der beim Heben schwerer Lasten entsteht.
Beckenbodenbewusstes Verhalten
Gleich nach der Geburt haben viele Frauen noch kein Gefühl für den Beckenboden. Lassen Sie sich in dieser Phase von Ihrer Hebamme oder einer Physiotherapeutin das richtige Aufstehen über die Seite zeigen.
Auch das richtige Heben ist jetzt wichtig. Wenn Sie falsch oder schwer heben, entsteht Druck im Bauchraum. Diese Belastung schadet jetzt ihrem Beckenboden. Wenn Sie es dennoch ausnahmsweise machen müssen, spannen sie die Beckenboden- und Bauchmuskeln an, gehen Sie in die Knie und behalten beim Heben einen geraden Rücken. Entlasten Sie Ihren Beckenboden, indem Sie sich tagsüber auf den Rücken legen und das Becken und die Beine etwas hochlagern. Spannen Sie beim Niesen und Husten immer auch Ihren Beckenboden an. Vermeiden Sie langes Stehen. Unterbrechen Sie das Stehen durch ein kurzes Umhergehen.
Zeitplan für Beckenbodengymnastik
Der folgende Zeitplan stellt nur eine ungefähre Orientierungshilfe dar.
Erste bis achte Woche nach der Geburt:
Lassen Sie sich in der Klinik oder von Ihrer Nachsorgehebamme einfache Übungen zeigen, die den Muskeltonus des Beckenbodens anregen. Versuchen Sie diese täglich zu Hause zu machen. Nach zwei oder drei Wochen können Sie auch mit dem Training für die schrägen Bauchmuskeln und die Rückenmuskeln beginnen.
Acht bis zwölf Wochen nach der Geburt:
Sie sollten jetzt einen Rückbildungskurs besuchen. Übungen für die geraden Bauchmuskeln sind jetzt schon erlaubt.
Ab der 20. Woche:
Nehmen Sie an einem Kurs teil, der ein gezieltes Aufbautraining für den Beckenboden beinhaltet.
Sechs Monate nach der Geburt:
Viele Frauen können ihr gewohntes Sportprogramm wieder aufnehmen. Ideal sind jetzt Walken, Schwimmen oder Radfahren, um wieder Kondition und Ausdauer zu bekommen.
Beckenbodengymnastik
Häufig wird empfohlen gleich nach der Geburt mit der Beckenbodengymnastik zu beginnen. Vor allem nach einem Dammschnitt sollten Sie aber erst warten, bis er abgeheilt ist.
Ganz wichtig ist es an dieser Stelle zu erwähnen:
- Auch wenn Sie erst ein Jahr nach der Geburt mit dem Beckenbodentraining beginnen, beispielsweise weil Ihr Baby Sie sehr beansprucht hat, ist es sehr wirksam.
- Wichtig bei der Beckenbodengymnastik ist Konsequenz und Durchhaltevermögen. Stellen sich Erfolge nicht gleich ein, so bleiben Sie trotzdem dabei und stecken nicht auf. Sie trainieren Ihren ganzen Körper und machen nebenbei viel für Ihre Haltung und ihre Rückengesundheit.
Für eine effektive Beckenbodengymnastik sind die richtige Atemtechnik, das Gespür für den Beckenboden und die Fähigkeit die Beckenbodenmuskeln isoliert anspannen zu können, entscheidend.
Alle Übungen werden zunächst in Rückenlage durchgeführt. Die Beine werden zunächst hochgelagert. Mit zunehmender Erfahrung werden die Übungen im Vierfüßlerstand, im Sitzen oder im Stehen durchgeführt.
Im ersten Schritt eignen Sie sich die richtige Atemtechnik an:
- Atmen Sie in Rückenlage in den Bauchraum. Der Bauch bläht sich auf und dehnt sich in alle Richtungen aus. Der Beckenboden bewegt sich dabei in Richtung der Beine.
- Beim Ausatmen zieht sich die Bauchdecke ein, der Beckenboden zieht sich wieder in den Bauchraum zurück.
- Stoßen Sie die Luft beim Ausatmen auf den Laut "P" aus. Diese Ausatmtechnik führt zu einer reflektorischen Anspannung der Beckenbodenmuskulatur.
In einem zweiten Schritt lernen Sie Ihren Beckenboden wahrzunehmen. Die Anspannung kann am besten durch Ertasten im Dammbereich wahrgenommen werden. Wichtig bei den unten aufgeführten Übungen ist es, dass die Gesäß- und die Oberschenkelmuskulatur entspannt ist. Probieren Sie folgende Anspannungsvarianten:
- Versuchen Sie die Scheide und den After einander anzunähern. Der Beckenboden geht in den Bauch hinein.
- Versuchen Sie Steißbein und Schambein zusammenzuführen.
- Probieren Sie die beiden Sitzbeinhöcker zusammenzubringen. Die Pobacken dürfen Sie dabei nicht anspannen.
- Versuchen Sie, nur den After anzuspannen.
In einem letzten Schritt wird der Beckenboden mit anderen Muskelgruppen zusammen trainiert. Dabei ist die Stärke der Kontraktion entscheidend, nicht die Dauer der einzelnen Übung. Die Entspannungszeit zwischen den einzelnen Übungen sollte dabei länger sein, als die Übung selbst (Übungszeit 7-10 Minuten). Versuchen Sie folgende Übungen:
- Spannen Sie gleichzeitig die Beckenbodenmuskulatur und die Bauchmuskulatur an. Stellen Sie sich dabei vor, Ihre Rippen und Ihr Becken nähern sich einander an und Ihr Nabel zieht sich nach innen. Atmen Sie während der Anspannung langsam aus.
- Viele Vorstellungshilfen erleichtern die Beckenbodenspannung zu verstärken. Ziehen Sie den Beckenboden nach innen in den Bauchraum. Stellen Sie sich dabei vor, dass Ihr Beckenboden ein Aufzug ist, der langsam nach oben in den Bauch fährt. Sowohl die Anspannung wie auch die Entspannung werden so schrittweise durchgeführt, ähnlich einem Lift, der an jedem Stockwerk hält.
Versuchen Sie die Übungen anfänglich täglich zu machen. Es genügen ein paar Minuten. Lassen Sie sich professionell anleiten.